Wartezeitkündigung – u. U. keine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzes

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.05.2015 – 4 Sa 94/14

Amtlicher Leitsatz

Kündigt der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis noch in der Wartezeit des § 1I KSchG nicht zum erstmöglichen Termin nach der Wartezeit, sondern mit einer längeren Kündigungsfrist, so liegt darin jedenfalls dann keine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzes, wenn dem Arbeitnehmer mit der verlängerten Kündigungsfrist eine weitere Bewährungschance eingeräumt werden soll. Einer „verbindlichen“ Wiedereinstellungszusage für den Fall der Bewährung bedarf es nicht.

Sachverhalt

Die Parteien stritten über die Wirksamkeit einer noch während der Wartezeit des § 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) ausgesprochenen Kündigung des Arbeitgebers.

Der Arbeitgeber hatte vor Vollendung der Wartezeit des § 1 KSchG (6 Monate) eine Kündigung ausgesprochen. Die Kündigungsfrist sollte – entgegen der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist – 3 Monate zum Monatsende betragen. Aus dem Kündigungsschreiben ergab sich, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Bewährungsprobe (ohne feste verbindliche Wiedereinstellungszusage) habe geben wollen.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat die Klage (Berufung) des Arbeitnehmers abgelehnt. Da die Wartezeit des § 1 KSchG noch nicht Vollendet gewesen sei, habe dem Arbeitnehmer noch kein Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz zugestanden. Die vorliegend ausgesprochene Kündigung mit verlängerter Kündigungsfrist sei im vorliegenden Fall keine missbräuchliche und funktionswidrige Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes. Der Arbeitgeber habe in der Kündigung zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitnehmer die Probezeit nicht bestanden habe (was aufgrund unbestrittener Fehlanzeige bei der Kundenakquise nicht willkürlich erscheine) und dem Arbeitnehmer mit der verlängerten Kündigungsfrist eine Bewährungsprobe gegeben werden soll. Aufgrund der Einräumung dieser Bewährungsprobe sei die verlängerte Kündigungsfrist weder ausschließlich noch überwiegend im Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Insofern sah das Gericht eine Treuwidrigkeit der Kündigung als nicht gegeben an.

Das Urteil ist auf folgender Internetseite im Volltext abrufbar: http://openjur.de/u/776550.html

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